Abrechnungsbetrug bei Corona-Testzentren: „Da wird viel Geld unwiederbringlich verloren sein“

Die Bemühungen des Staates diese Betrügereien aufzudecken und zu Unrecht an kriminelle Teststellenbetreiber ausgezahlte Steuergelder zu sichern, erscheinen –´bemerkenswert unausgeprägt.  Darüber und wie es überhaupt zu Betrügereien in dieser Größenordnung kommen konnte, haben wir uns mit dem Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft DPolG, Rainer Wendt, unterhalten.

Herr Wendt, durch Abrechnungsbetrug im Zusammenhang mit Corona -Testzentren wurden Steuergelder in Milliardenhöhe ergaunert. Was ist da schiefgelaufen?

In einer solchen Krisensituation erwarten die Menschen eine politische Führung, die einen klaren Kopf hat, gut vorbereitet ist und sich fachlich beraten lässt. Offensichtlich ist nichts davon passiert. Dabei hätte das Gesundheitsministerium und die Bundesregierung insgesamt gewarnt sein können. Die Gefahr einer Pandemie ist lange vor Ausbruch von Corona konkret beschrieben worden, man hätte also vorbereitet sein können, war es aber nicht. Statt ruhigen, professionellem Krisenmanagement hat die politische Führung wie ein Hühnerhaufen gewirkt, der völlig kopflos agierte.

Und auch vor den Auswirkungen der Corona-Verordnung war gewarnt worden, sie war die Einladung zum massenhaften Betrug. Wenn gar keine Kontrollen vorgesehen sind, stehen Kriminelle sofort parat, um sich zu bedienen. Deshalb müssen eben alle Regelungen immer auf die Möglichkeiten des Missbrauchs geprüft werden, bevor sie erlassen werden, das gilt auch, wenn schnell gehandelt werden muss.

Die Verflechtungen international operierender Banden sind seit Jahrzehnten, auch als ein Ergebnis von fallenden Grenzkontrollen und Globalisierung, immer ausgefeilter und für die Banden erfolgreicher geworden. Entsprechend schwierig ist es auch, die Gelder zurückzuholen, wenn man Täter ausfindig gemacht hat. Die riesigen Summen verschwinden rasch im Ausland, da wird

Im Nachhinein fühlt sich offenbar niemand wirklich dafür zuständig, den Abrechnungsbetrügern auf die Schliche zu kommen und habhaft zu werden. Die damit beauftragten KVen und Gesundheitsämter werden nicht müde zu betonen, keine Ermittlungsbehörden zu sein und lehnen „detektivische Tätigkeiten“ ab. Und der Staat schaut einfach zu…!?

Vor allem zu Beginn der Corona- Testzentren waren Kontrollen überhaupt nicht vorgesehen, das ist schlicht Staatsversagen, da gibt es keinen Zweifel. Dabei haben sogar Journalisten mit einfachen Mitteln der Beobachtung von Testzentren schon frühzeitig darauf aufmerksam gemacht, dass da etwas nicht stimmen kann. Die KVen haben eine unrühmliche Rolle gespielt, schieben alle Verantwortung weg; Konsequenzen sind mir keine bekannt. Der Gesundheitsminister erklärte öffentlich, dass die KVen die Pflicht hätten, Verdachtsfälle den Staatsanwaltschaften zu melden, das war es dann aber auch. So ist Politik in Deutschland ohnehin weitgehend geworden: Man beschreibt die Verfahrensabläufe und kümmert sich nicht weiter drum. Wie die Lebenswirklichkeit aussieht, interessiert die Politik nicht.

Wie lässt sich die auffällige Zurückhaltung des Staates bei der Aufdeckung dieser Betrügereien erklären?

Die Strafverfolgungsbehörden haben getan, was sie können und tun es immer noch. Es ist ja nicht so, dass es keine Strafverfolgung gegeben hätte. In vielen Städten sind Betrüger teilweise zu langen Haftstrafen verurteilt worden, Polizei und Staatsanwaltschaften haben nach Leibeskräften auch versucht, Geldbeträge zu sichern, um die Schäden zu begrenzen. Aber hier sind schon aus personellen Gründen Grenzen gesetzt. Aber die Vielzahl der Akteure, die teilweise über die benötigten Daten verfügen, macht die Aufklärung nicht einfacher, zumal auch der Einsatz von technischen Auswertemöglichkeiten nicht so ist, wie man sich das im Krimi vorstellt. Da drückt der Ermittler nur auf den Knopf und das Ergebnis erscheint auf dem Bildschirm. In der Lebenswirklichkeit wühlen sich die Kräfte durch Aktenordner.

 Welche Konsequenzen ziehen wir in Deutschland aus diesem Versagen?

So gut wie keine. Die verantwortlichen Politiker sind alle noch in Amt und Würden, firmieren jetzt als neue „Fachleute“ in anderen Bereichen. Zurücktreten musste keiner, das wäre in früheren Zeiten selbstverständlich gewesen, ist aber aus der Mode gekommen. Auch die Besserwisserei in den Ministerien, vor allem im Gesundheitsministerium, hat nicht nachgelassen. Mit anderen Worten: Auf die nächsten Pleiten warten wir, ich fürchte, wir werden nicht lange warten müssen.  

 Vielen Dank!

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