Die Höhe des Bürgergeldes sorgt immer wieder für kontroverse Diskussionen. Im 20. Jubiläumsjahr der Hartz-IV-Reformen will der Bund im Vergleich zum Vorjahr 2 Mrd. Euro beim Bürgergeld und den damit verbundenen Leistungen sparen. Zudem ließe sich der Streit um die Bürgergeldhöhe mit einer Reform des jährlichen Anpassungsmechanismus deutlich reduzieren.
Die geplanten Einsparungen setzen sich wie folgt zusammen: Für Arbeitssuchende und für weitere Personen der Bedarfsgemeinschaft besteht das Existenzminimum aus dem Regelbedarf des Bürgergeldes (im Bundeshaushalt 2025-Soll: 25 Mrd. Euro, -3,1 % gegenüber 2023-Ist) zuzüglich einer Erstattung für die Kosten der Unterkunft (Bundesbeteiligung 2025-Soll: 11 Mrd. Euro, -5,0 % gegenüber 2023-Ist), die sich wiederum aus Bruttokaltmiete und Heizkosten zusammensetzen sowie den Integrationsleistungen in den Arbeitsmarkt (2025-Soll: 3,7 Mrd. Euro, -2,6 % gegenüber 2023-Ist) und Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitssuchende (2025-Soll: 5,3 Mrd. Euro, -15,9 % gegenüber 2023-Ist).
Es ist fraglich, ob die Milliarden-Einsparungen gelingen. 2025 gibt es eine Nullrunde für Bürgergeldempfänger bei tendenziell steigender Zahl von Bürgergeldempfängern aufgrund des konjunkturell bedingten Anstiegs der Arbeitslosigkeit. Die Kaufkraft des Bürgergeldes liegt voraussichtlich zum Jahresende 2024 deutlich über dem Niveau des Januars 2023. Weil die Bürgergeldhöhe gesetzlich geschützt ist und nominal nicht sinken darf, wird es 2025 eine Nullrunde geben. Das heißt, der Regelbedarf für eine alleinstehende Person im Bürgergeld bleibt auch 2025 bei 563 Euro.
Bereits im Februar zeigte eine IW-Analyse: Bei steigender Inflation wird der Regelbedarf des Bürgergeldes mit vorübergehendem Kaufkraftverlust zu niedrig angepasst und bei sinkender Inflation wird der Regelbedarf mit einem vorübergehenden Kaufkraftgewinn angepasst. Beides ist nicht im Sinne einer Existenzsicherung, da der Regelbedarf sehr verzögert auf Preisschübe reagiert.
Zwischenzeitlich stiegen die Preise ungewöhnlich stark. Der Gesetzgeber änderte deshalb die Regelsatzanpassung mit der Einführung des Bürgergeldes zum Jahresbeginn 2023. Die Anpassung besteht aus zwei Stufen. In der „Basisfortschreibung“ erfolgt die Anpassung mit dem Mischindex aus Preis- und Lohnentwicklung, der die Veränderung vom Jahreszeitraum zwischen dem 1. Juli des Vorvorjahres und dem 30. Juni des Vorjahres mit dem davorliegenden Zwölfmonatsabschnitt vergleicht. In der „ergänzende Fortschreibung“ werden die Ergebnisse der Basisfortschreibung mit der Veränderung des Regelbedarfspreisindex im zweiten Quartal des Vorjahres zum zweiten Quartal des Vorvorjahres fortgeschrieben (SGB XII §28a).
Diese Regelung führte 2024 zu einem deutlichen Überschießen gegenüber der tatsächlichen Preisentwicklung, weil die Preise wieder langsamer stiegen. Die Fortschreibung im Jahr 2025 erfolgt nicht auf Basis des 2024 angepassten Regelsatzes, sondern auf der Basisfortschreibung des Vorjahres. Damit sollte eine aufgrund sinkender Inflationsraten zu hohe ergänzende Fortschreibung des Vorjahres wieder ausgeglichen werden.
Der Fortschreibungsmechanismus müsste neu geregelt werden, um die Reaktionszeit auf die Preisentwicklung zu verringern, z. B. könnte der Prognosedurchschnitt des Verbraucherpreisindex für das nachfolgende Jahr von Consensus Forecast oder andere verwendet werden.
Es gibt zwei Vorteile einer solchen Anpassung. Erstens: Die Bürgergeldhöhe würde eher zur erwarteten Preisentwicklung passen. Das ist wichtig, weil gerade Transferempfängern meist finanzielle Reserven fehlen, um Preisschübe abzufedern. Zweitens: Der politische Druck würde entschärft – entgegen eines gesetzlichen Anpassungsmechanismus – den Regelsatz doch zu ändern. IW Köln, 13.12.2024