Die Kreditvergabe für Immobilien aller Arten bleibt weiterhin selektiv, wobei die Reduzierung des Einlagenzinses durch die Zentralbanken für eine leichte Entspannung am Finanzierungsmarkt sorgt, das geht aus dem aktuellen Neugeschäftsreport des Immobiliendienstleisters JLL hervor. Da der Zinssenkungskurs voraussichtlich bis weit ins Jahr 2025 hinein fortgesetzt wird, sollte sich dies unterstützend für den Immobilien-Investmentmarkt auswirken. Prolongationen bestimmen nach wie vor die Neugeschäftstätigkeit der Banken und erfordern je nach Assetklasse oftmals Margenaufschläge, erhöhte Tilgungsanforderungen oder zusätzliche Eigenkapitalzuschüsse. Beim Neugeschäft liegt der Fokus der Finanzierer weiterhin auf risikoarmen Assetklassen wie Logistik und Wohnimmobilien, die aber nur in Teilen die in den Vorjahren dominierende Assetklasse Büro ersetzen können. Von dieser Entwicklung profitieren neben Rechenzentren auch Hotel- und Einzelhandelsimmobilien. Die Entwicklung im Büroimmobilienmarkt ist zwei geteilt: Liquidität konzentriert sich auf Immobilien in sehr guten Lagen mit langfristig gesicherten Cashflows und guten ESG-Ratings und fällt stark ab für alle andere Bereiche des Büromarktes. Diese Lücke füllen vermehrt Debt Fonds, die in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen haben. Auf der Passivseite der Bankenbilanzen zeigt sich, dass Banken sich zunehmend aktiver mit leistungsgestörten Darlehen auseinandersetzen, und dabei auch vereinzelt NPL-Portfolios in den Markt bringen, ohne dass das Volumen dieser Immobilien sich bislang maßgeblich auf die Kaufpreise ausgewirkt haben.
Neugeschäftsvergabe nach wie vor rückläufig
Für eine quantitative Evaluation der Situation für gewerbliche Immobilienfinanzierungen am deutschen Finanzierungsmarkt werden seitens JLL zusätzlich zu den tatsächlich realisierten Neugeschäftszahlen auch Planzahlen für die Vergabe von Neugeschäft und Kreditbestände in Betracht gezogen und analysiert.
Als gewerbliche Immobilienfinanzierungen gelten neben Finanzierungen für gewerbliche genutzte Immobilien auch Finanzierungen für wohnwirtschaftlich genutzte Immobilien zum Zwecke der Vermögensanlage genutzt werden. Die von ausgewählten Kreditinstituten übermittelten Zahlen zum Neugeschäft und den Kreditbeständen bilden die Basis der Auswertung. Diese stammen aus Reportings der teilnehmenden Banken und ermöglichen so eine vergleichende Analyse. Die Analyse des kontrahierten Neugeschäfts fokussiert sich auf das Kreditgeschäft in Deutschland. Die dargestellten und beschriebenen Kreditbestände hingegen zeigen die Gesamtvolumina der jeweiligen Kreditinstitute. Alternative Maßnahmen zur Kapitalbeschaffung wie beispielsweise Kapitalerhöhungen oder Bondemissionen werden in diesem Report nicht berücksichtigt.
Zum Halbjahr 2024 wiesen die befragten Kreditinstitute ein Neugeschäftsvolumen von insgesamt 13,2 Milliarden Euro aus. Im Jahr davor waren es noch 14 Milliarden Euro. Somit setzt sich die negative Entwicklung bei der Vergabe von Immobilienkrediten weiter fort, allerdings fällt dieser mit 6 Prozent eher gering aus und nur noch bei sechs der zwölf untersuchten Banken steht nach wie vor ein Minus im Jahresvergleich. Die Halbjahresentwicklung davor zeigte ein Minus von 25 Prozent. Immerhin vier teilnehmende Institute konnten ihr Neugeschäftsvolumen in Deutschland steigern. Den prozentual deutlichsten Anstieg verzeichnete die HELABA mit 67 Prozent, gefolgt von der Münchener Hypothekenbank mit 40 Prozent. Die Hamburg Commercial Bank und die Aareal Bank bestätigten ihr Halbjahresergebnis des Vorjahres. Sechs Banken verzeichneten einen Rückgang. Die Deutsche Pfandbriefbank lag zum Halbjahr 2024 mit einem Ergebnis von 0,7 Milliarden Euro Neugeschäft 600 Millionen Euro hinter dem Ergebnis des Vorjahres. Die Berliner Sparkasse verlor im Jahresvergleich 38 Prozent bei einem Neugeschäft von 0,5 Milliarden Euro im ersten Halbjahr 2024. Das größte Neugeschäftsvolumen in den ersten sechs Monaten 2024 wie die LBBW/Berlin Hyp mit vier Milliarden aus. Dahinter folgt die DZ Hyp mit 2,9 Milliarden.
Bei der Einschätzung des zu erwarten Jahresergebnis 2024 im Vergleich zum Vorjahr hält sich die Erwartung der teilnehmenden Kreditinstitute die Waage. Jeweils vier Banken gehen davon aus, dass man im Gesamtjahr 2024 ein höheres Neugeschäft erreicht als im Vorjahr. Vier Institute gehen von einem gleichen Niveau aus. Wiederum vier Banken erwarten einen Rückgang verglichen mit 2023.
Kreditbestände nehmen leicht ab
Auch die Kreditbestände der befragten Kreditinstitute nehmen leicht ab. Zum 30.06.2024 wiesen die teilnehmenden Banken ein Kreditvolumen von 295 Milliarden Euro aus. Im Vorjahr lag der Gesamtkreditbestand bei 298,2 Milliarden. Der größte Kreditbestand entfiel auf die LBBW/Berlin Hyp mit einem Volumen von 56,3 Milliarden Euro in In- und Ausland. Es folgten die DZ Hyp mit 43,2 und die HELABA mit 35,6 Milliarden Euro. Insgesamt reduzierte sich bei sechs Banken der Kreditbestand im Jahresvergleich. Den größten Rückgang verzeichnete die HELABA mit 2,8 Milliarden Euro. Die LBBW/Berlin Hyp büßte 1,4 Milliarden Euro ein. Die Münchener Hypothekenbank hielt den Kreditbestand konstant bei 15,5 Milliarden Euro. Fünf Banken konnten ihren Kreditbestand steigern. Die Deutsche Hypo – Nord/LB Real Estate Finance legte 1,1 Milliarden auf 16,3 Milliarden Euro zu. Die Aareal Bank steigerte ihr Volumen um 500 Millionen auf nun 32,2 Milliarden Euro.
Rahmenbedingungen und Ausblick
Die angespannte Lage der vergangenen Jahre am Immobilienmarkt löst sich mehr und mehr auf. Der Investmentmarkt liegt nach drei Quartalen im Jahr 2024 mit 23,4 Milliarden Euro knapp über dem Volumen des Vorjahres. Für das Gesamtjahr wird dann ein Plus von etwa sechs Milliarden im Jahresvergleich erwartet. Der seit September 2023 um 1,1 Prozent gesunkene Leitzins der Europäischen Zentralbank auf 3,4 Prozent im Oktober 2024 wird zudem eine positive Wirkung auf das Transaktionsgeschehen und so auch auf die Vergabe von neuen Krediten haben. Eine entscheidende Rolle wird Kreditinstituten vor allem in den kommenden Jahren zu teil. Aktuell liegt die Vergabequote von klimagebundenen Finanzierungen bei Immobilien deutlich unter der erforderten Quote, um Net-Zero-Carbon Ziele effizient voranzutreiben. Fakt ist auch, dass ESG-Faktoren bei der Bewertung von Immobilien immer wichtiger werden und so maßgeblich den Wert dieser beeinflussen. Hochwertige, emissionsarme Immobilien sind daher der Fokus, nicht nur für Investoren, sondern auch für Fremdkapitalgeber. Allerdings benötigen Kreditgeber für die Vergabe bessere und umfangreichere Informationen zu den jeweiligen Assets um Risikobewertung und strategische Planung zu verbessern. Auf diesem Wege können Banken allerdings eine entscheidende Rolle bei der Dekarbonisierung des gesamten Immobiliensektors einnehmen.
Eine positive Entwicklung des Finanzierungsmarktes zeigt auch der Deutsche Immobilienfinanzierungsindex (DIFI). Dieser Index wird in Kooperation von JLL und dem Hamburgischen Welt Wirtschaftsinstitut erhoben und beschreibt die aktuelle Situation am Immobilienfinanzierungsmarkt in Deutschland und die Erwartung zu der Entwicklung in den folgenden Monaten. Der DIFI kletterte im dritten Quartal 2024 das erste Mal seit Anfang 2022 wieder in den positiven Bereich und steht aktuell bei 12,3 Punkten. Sowohl der Situationsindikator (10,8 Punkte), als auch der Erwartungsindikator (13,8 Punkte) zeigen sich verantwortlich für diesen positiven Trend. Die teilnehmenden Experten des Reports sehen die zukünftige Finanzierungssituation positiver als die aktuelle.
Im aktuellen Finanzierungsumfeld bleiben die Konditionen weiterhin stark von der jeweiligen Assetklasse und dem Profil der Immobilie abhängig. Diese Marktlage eröffnet internationalen und alternativen Kreditgebern nach wie vor Möglichkeiten, in die deutsche Finanzierungslandschaft einzutreten, und besonders im Bereich der Whole Loan- und Mezzaninefinanzierungen Marktanteile zu gewinnen. Für den Ausblick auf 2025 steht die Einführung der Basel-IV-Norm im Fokus. Hierbei zeichnet sich eine deutliche Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen für Projektentwicklungen ab. Mit der Anforderung an höhere Eigenkapitalhinterlegungen bei traditionellen Banken in diesem Bereich dürften alternative Finanzierungsquellen weiter an Relevanz gewinnen. JLL, 29.11.2024