Nicht nur bessere Luft: Umweltzonen wirken sich positiv auf mentale Gesundheit und Bildung aus

Umweltzonen sorgen nicht nur für eine bessere Luftqualität, sie stärken auch die mentale Gesundheit und führen zu besseren Schulleistungen. Dies belegt eine Studie von Forschenden des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), des RWI – Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung und der Universität Maastricht. Anhand anonymisierter Krankenkassendaten und Übergangsquoten von Grundschulkindern aufs Gymnasium wurde analysiert, wie sich die Einführung von Umweltzonen (seit 2008) auf die psychische Gesundheit der Anwohner*innen und den Wechsel auf weiterführende Schulen auswirkte. „Während schon länger erwiesen ist, dass die Einrichtung von Umweltzonen Atemwegs- sowie Herz- und Kreislauferkrankungen zurückgehen lässt, gab es bislang keine Studie, die einen kausalen Zusammenhang zu psychischen Erkrankungen und Schulerfolg nachgewiesen hat“, erläutert DIW-Ökonomin Laura Schmitz. „Diese Lücke wird mit unserer Analyse geschlossen. Sie zeigt, dass Maßnahmen zur Luftreinhaltung weitere positive gesellschaftliche Aspekte haben.“ Der Straßenverkehr ist einer der Hauptverursacher von Feinstaub und Stickoxiden in der Luft. Umweltzonen sollen die Luftverschmutzung reduzieren, indem stark luftverschmutzenden Fahrzeugen die Ein- und Durchfahrt untersagt wird. Die Luftschadstoffe dringen nicht nur tief in die Atemwege ein, sondern können auch Entzündungen im Gehirn auslösen. Insbesondere bei Kindern und älteren Menschen kann dies kognitive Beeinträchtigungen und neurologische Schäden verursachen. Die vorliegende Studie zeigt, dass Kinder nach der Einführung einer Umweltzone bessere schulische Leistungen erbringen. So stieg die Zahl der Grundschüler*innen, die aufs Gymnasium wechseln, als Folge der Einführung von Umweltzonen von 38,9 auf 39,9 Prozent. Dies deutet darauf hin, dass eine bessere Luftqualität die Lernfähigkeit positiv beeinflusst. Die Übertrittsrate aufs Gymnasium ist ein zentraler Indikator für den langfristigen Bildungserfolg. Psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen nahmen nach Einführung der Umweltzonen ab. Es wurden zudem weniger Psychiater*innen und Psychotherapeut*innen aufgesucht und weniger Antidepressiva verschrieben: Die sauberere Luft verringerte das Risiko einer diagnostizierten Depression um 3,5 Prozent, einer Angststörung um 4,2 Prozent, Facharztbesuche gingen um 7,4 Prozent und Antidepressiva-Verordnungen um vier Prozent zurück. Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen zeigten sich die größten Effekte. „Eine nachhaltige Verkehrspolitik kann sich auch für Bildung und Gesundheit auszahlen“, resümiert DIW-Forscherin Schmitz. Sie appelliert daher an die politischen Entscheidungsträger*innen, den Fokus zu weiten und bei angestrebten Maßnahmen ganzheitlich zu denken. Die Aufhebung einzelner Umweltzonen wie zuletzt in Baden-Württemberg seien kein gutes Signal. „Von hoher Luftverschmutzung betroffen sind vor allem Gebiete, in denen der ärmere Teil der städtischen Bevölkerung wohnt. Eine erfolgreiche Verkehrswende und eine bessere Luftqualität könnten Ungleichheiten bei Bildung und Gesundheit verringern.“ (DIW, 20.11.2024)

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